H340 | Prähospitale Therapie: Lyse oder Transfer? |
H.-R.Arntz | |
Charité Universmitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Berlin. |
Der Notarzt nimmt in der Versorgung des Patienten mit STEMI eine Schlüsselrolle ein. Zunächst kann er bei der Primärversorgung an der Notfallstelle die prähospitale Thrombolyse einsetzen. Weiterhin entscheidet er über das Zielkrankenhaus (invasive bzw. nichtinvasive Klinik). Schließlich ist er in die Interhospitaltransfers von peripheren Häusern in Interventionskliniken involviert. Metaanalytische Daten sprechen dafür, dass der Notarzt sich bei der Primärversorgung für den Transport aller Patienten zur Intervention entscheidet. Bei näherer Betrachtung ist diese vereinfachte Sicht mehr als problematisch: der Notarzt hat immer die maximale Verfügbarkeit des Rettungsdienstes auch für andere Notfälle im Auge zu behalten. Daneben berücksichtigen die Metaanalysen nicht die Zeitschienen im Ablauf, die ein differenziertes Vorgehen für sinnvoll erscheinen lassen. Zu den Grundproblemen der o.g. Metaanalysen gehört, dass 2/3 der Vergleichsstudien Lyse vs PCI Patienten bis zur 12. Stunde nach Symptombeginn eingeschlossen haben, dass praktisch nur die späte intrahospitale Lyse mit der PCI verglichen wurde, dass nur sehr wenige Patienten mit kurzer Symptomdauer betrachtet und dass die Daten in besonders erfahrenen Zentren erhoben wurden. Die Anforderungen an den Notarzt sind nicht hoch. Bei nachgewiesen großer diagnostischer Sicherheit ist zur sicheren Lysedurchführung keine größere Erfahrung notwendig. Die prähospitale frühe Lyse trägt entscheidend zur Verhinderung des Schocks bei. Sie ist damit gezielt eingesetzt eine wesentliche Option in der Bekämpfung der Infarktletalität. Es ist darüber hinaus gezeigt worden, dass eine Intervention nach prähospitaler Lyse sowohl routinemäßig als auch als Rescue-Intervention unproblematisch ist. Aus notärztlicher Sicht sind diese Überlegungen wichtig, da weltweit 2/3 aller Patienten die vom Rettungsdienst versorgt werden innerhalb der ersten beiden Stunden nach Symptombeginn behandelt werden können, wo nach aktueller Studienlage die Thrombolyse der Intervention bzgl. der Sterblichkeit gleichwertig und möglicherweise sogar überlegen ist. Für die Patienten mit strengen Kontraindikationen zur Lyse und Patienten mit Schock ist der primäre Transport in ein Interventionszentrum allerdings unbedingt notwendig. Dieser Weg ist auch für Patienten mit längerer Symptomdauer (z.B. > 4 Stunden) zu bevorzugen, sofern die Intervention (erster Notarztkontakt - Ballon!) entsprechend der Guidelines innerhalb 90 Minuten durch ein erfahrenes Team durchgeführt werden kann. Dies gelingt allerdings selbst unter Großstadtbedingungen nur bei einem Teil der Patienten. Der Interhospitaltransfer zur primären oder Rescue-Intervention stellt ein zunehmendes Problem der Logistik und der Kosten im Rettungsdienst dar. Verlegungstransporte führen zu u.U. zu stundenlanger Nichtverfügbarkeit im eigentlichen Dienstbereich des Notarztes. Diese Probleme dürfen bei der Planung und Organisation von Netzwerken ebensowenig unberücksichtigt bleiben, wie die Tendenz kleiner Häuser in Anbetracht der oft euphorisch dargestellten Möglichkeiten der Intervention (Stichwort: “Zeitunabhängigkeit” der PCI) Patienten unter Inkaufnahme erheblicher Zeitverluste bis zur Intervention nach Verlegung ohne Reperfusionstherapie zu lassen. Zusammenfassung: In der Entscheidung prähospitale Lyse oder Transfer sollte der Notarzt differenziert vorgehen, wobei bei Fehlen von Kontraindikationen zur Lyse die Schlüsselparameter in erster Linie die Symptomdauer und in zweiter Linie die Verfügbarkeit eines qualifizierten Herzkatheterlabors in angemessener Zeit sein sollten. |