Nach wie vor basiert die Behandlung von Vorhofflimmern primär auf pharmakologischen Maßnahmen. Konzeptionell steht dabei die Wiederherstellung und Aufrechterhaltung des Sinusrhythmus (Rhythmuskontrolle) der Belassung der Arrhythmie unter Verlangsamung der AV-Überleitung (Frequenzkontrolle) gegenüber. Ersteres verlangt meist den nicht risikolosen Einsatz klassischer Antiarrhythmika mit nur mäßigen Erfolgsraten, letzteres ist vorzugsweise durch Gabe von ß-Blockern oder Calcium-Antagonisten vom Verapamil-Typ bei der Mehrzahl der Patienten zu erreichen. Neben psychologischen Faktoren sind es vor allem hypothetische Vorteile einer Eurythmie, die die gängige Präferenz für die Rhythmuskontrolle bedingen. Hierzu wären eine reduzierte klinische Symptomatik, eine bessere Belastbarkeit, eine bessere Lebensqualität, ein reduziertes Thromboembolie-Risiko und eine bessere Prognose zu rechnen. Erst in jüngerer Zeit sind diese Hypothesen wissenschaftlich überprüft worden. Symptomatik, Belastbarkeit und Lebensqualität waren Gegenstand der PIAF-Studie, die ein relativ kleines Patientenkollektiv nach Randomisierung zur Rhythmuskontrolle mittels Amiodaron bzw. zur Frequenzkontrolle mittels Diltiazem diesbetüglich verglichen hat. Für beide Therapiestrategien wurden vergleichbare Effekte im Hinblick auf Symptomverbesserung und Lebensqualität gefunden, einer etwas besseren Leistungsfähigkeit unter Rhythmuskontrolle standen seltenere Klinikeinweisungen, Therapieabbrüche und unerwünschte Arzneimittel-Wirkungen unter Frequenzkontrolle gegenüber. In der AFFIRM-Studie wurden Rhythmus- und Frequenzkontrolle insbesondere hinsichtlich Prognose und Thromboembolie-Risiko miteinander verglichen. Im Gesamtkollektiv von 4060 Patienten war der angestrebte Erhalt des Sinusrhythmus nur bei rund 60% der Patienten zu erreichen,eine adäquate Frequenzkontrolle dagegen bei 80%. Ein prognostischer Unterschied zwischen beiden Therapiestrategien ergab sich nicht, wenn auch im Trend mehr Todesfälle unter der Rhythmuskontrolle zu verzeichnen waren. Die Rhythmuskontrolle führte auch nicht zu weniger Schlaganfällen oder Blutungen. Der fehlende Unterschied in der Schlaganfallrate erscheint besonders überraschend, zumal immerhin 70% der Patienten aus der Rhythmuskontrollgruppe, andererseits aber nur 85% der Patienten aus der Frequenzkontrollgruppe unter einer Dauerantikoagulation standen. Bei der Interpretation der AFFIRM-Ergebnisse ist zu beachten, daß primär ältere, überwiegend herzkranke Patienten eingeschlossen wurden, daß rund ein Drittel der frequenzkontollierten Patienten spontan in den Sinusrhythmus konvertierte und daß zur Rhythmuskontrolle randomisierte Patienten signifikant seltener mit ß-Blockern behandelt wurden. Dennoch bleibt zusammenfassend festzuhalten, daß auch vermeintlich Rhythmus-kontrollierte Patienten Embolie-gefährdet sind, und daß weder eine Vebesserung der Prognose, noch die dann aufgehobene Notwendigkeit für eine Antikoagulation als Argument für eine Rhythmuskontrolle geltend gemacht werden können. Umgekehrt kann die AFFIRM-Studie auch dahingehend interpretiert werden, daß der Versuch einer Rhythmuskontrolle zumindest nicht mit gravierenden Nachteilen verbunden zu sein scheint. Damit werden klinische Symptomatik und Patientenwunsch zu den entscheidenden Kriterien für die Wahl der Therapiestrategie. Eine Kardioversion ohne nachfolgende Rezidivprophylaxe oder unter Gabe eines ß-Rezeptorenblockers kann jedem Patienten praktisch unbedenklich angeboten werden. Der Einsatz klassischer Antiarrhythmika bedarf der individuellen Diskussion und kann nach gegenwärtiger Datenlage nur mit dem Versuch einer Symptomreduktion begründet werden. Eine wissenschaftlich fundierte Stellungnahme zur Behandlung jüngerer, vorwiegend herzgesunder Patienten mit Vorhofflimmern ist derzeit kaum möglich. Es kann aber spekuliert werden, daß geringere Begleitrisiken der antiarrhythmischen Therapie die Rhythmuskontrolle in diesem Kollektiv attraktiver erscheinen lassen.
|