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Vorhofflimmern: Geschlechterunterschiede in Epidemiologie, Risikofaktoren und Mortalität in europäischen Kohorten

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Dr. Christina Magnussen, Hamburg

Einleitung
Vorhofflimmern (VHF) ist eine häufige Erkrankung der alternden Bevölkerung mit einer hohen Komorbidität und Mortalität in beiden Geschlechtern.1 Die Prävalenz von VHF bei Männern in Kohorten mittleren und höheren Alters ist fast zweimal so hoch wie bei Frauen,2 wobei das Auftreten der Erkrankung den Überlebensvorteil von Frauen vermindert.3 Sowohl die bekannten kardiovaskulären Risikofaktoren und kardiovaskulären Erkrankungen4 als auch die Biomarker C-reaktives Protein (CRP) und N-terminales B-Typ natriuretisches Peptid (Nt-proBNP)5,6 haben eine unterschiedliche Häufung in beiden Geschlechtern. Wir gehen davon aus, dass ihre Assoziation mit VHF auch geschlechtsspezifisch sein muss. Daher untersuchten wir Geschlechterunterschiede in der Assoziation von Risikofaktoren, kardiovaskulären Erkrankungen und Biomarkern mit VHF und deren populations-attributables Risiko (PAR).

Material und Methoden
79793 Individuen ohne VHF im Rahmen der Basisuntersuchung (mittleres Alter 49,6 Jahre, 51,7% Frauen) aus 4 populations-basierten europäischen Studien (FINRISK, DanMONICA, Moli-Sani, Northern Sweden) des BiomarCaRE (Biomarker for Cardiovascular Risk Assessment in Europe) Konsortiums wurden eingeschlossen. Wir untersuchten das Kollektiv nach geschlechtsspezifischen Unterschieden in Inzidenz von VHF, dessen Assoziation mit Mortalität, klassischen Risikofaktoren (Übergewicht, Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Diabetes mellitus, Nikotin- und Alkoholkonsum), Biomarkern und kardiovaskulären Erkrankungen.

Ergebnisse
In einem mittleren Follow-Up von fast 13 Jahren entwickelten 4,4% der Frauen und 6,4% der Männer Vorhofflimmern. Männer hatten insgesamt ein ausgeprägteres kardiovaskuläres Risikoprofil als Frauen. Die kumulative Inzidenz von VHF stieg bei Männern exponentiell nach dem 50. Lebensjahr an, bei Frauen nach dem 60. Lebensjahr, und glich sich im Alter von 90 Jahren an. Die Inzidenz von VHF erhöhte das Mortalitätsrisiko um mehr als das 3,5fache in beiden Geschlechtern. Alle kardiovaskulären Risikofaktoren, außer Diabetes mellitus, waren signifikant mit dem Neuauftreten von VHF assoziiert. Wir sahen Geschlechterinteraktionen für die Assoziation von Body-Mass-Index (BMI) und Gesamtcholesterin mit inzidentem VHF, wobei die Assoziation mit BMI bei Männern stärker war. Frauen zeigten eine inverse Assoziation von Gesamtcholesterin und neu aufgetretenem VHF.

Zudem beobachteten wir ein höheres PAR, innerhalb der nächsten 5 Jahre neu VHF zu entwickeln, für Gesamtcholesterin bei Frauen, und Alkoholkonsum und stattgehabtem Myokardinfarkt bei Männern. Nimmt man alle kardiovaskulären Risikofaktoren zusammen, besteht sogar ein PAR von mehr als 42%!

Zusammenfassung
Die Inzidenz von VHF bleibt unabhängig vom Geschlecht hoch und birgt ein hohes Mortalitätsrisiko. Die beobachteten Geschlechterunterschiede in der Assoziation von BMI und Gesamtcholesterin mit inzidentem VHF müssen in weiteren Studien bezüglich ihrer Relevanz für geschlechtsspezifische Präventionsstrategien evaluiert werden.19

Referenzen

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  2. Schnabel RB, Yin X, Gona P, Larson MG, Beiser AS, McManus DD, Newton-Cheh C, Lubitz SA, Magnani JW, Ellinor PT, Seshadri S, Wolf PA, Vasan RS, Benjamin EJ, Levy D. 50 year trends in atrial fibrillation prevalence, incidence, risk factors, and mortality in the Framingham Heart Study: a cohort study. Lancet 2015;386(9989):154-62.
  3. Benjamin EJ, Wolf PA, D’Agostino RB, Silbershatz H, Kannel WB, Levy D. Impact of atrial fibrillation on the risk of death: the Framingham Heart Study. Circulation 1998;98(10):946-52.
  4. Huxley RR, Lopez FL, Folsom AR, Agarwal SK, Loehr LR, Soliman EZ, Maclehose R, Konety S, Alonso A. Absolute and attributable risks of atrial fibrillation in relation to optimal and borderline risk factors: the Atherosclerosis Risk in Communities (ARIC) study. Circulation 2011;123(14):1501-8.
  5. Sinner MF, Stepas KA, Moser CB, Krijthe BP, Aspelund T, Sotoodehnia N, Fontes JD, Janssens AC, Kronmal RA, Magnani JW, Witteman JC, Chamberlain AM, Lubitz SA, Schnabel RB, Vasan RS, Wang TJ, Agarwal SK, McManus DD, Franco OH, Yin X, Larson MG, Burke GL, Launer LJ, Hofman A, Levy D, Gottdiener JS, Kaab S, Couper D, Harris TB, Astor BC, Ballantyne CM, Hoogeveen RC, Arai AE, Soliman EZ, Ellinor PT, Stricker BH, Gudnason V, Heckbert SR, Pencina MJ, Benjamin EJ, Alonso A. B-type natriuretic peptide and C-reactive protein in the prediction of atrial fibrillation risk: the CHARGE-AF Consortium of community-based cohort studies. Europace 2014;16(10):1426-33.
  6. Kalogeropoulos A, Georgiopoulou V, Psaty BM, Rodondi N, Smith AL, Harrison DG, Liu Y, Hoffmann U, Bauer DC, Newman AB, Kritchevsky SB, Harris TB, Butler J, Health ABCSI. Inflammatory markers and incident heart failure risk in older adults: the Health ABC (Health, Aging, and Body Composition) study. Journal of the American College of Cardiology 2010;55(19):2129-37.

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