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Zerebrale Mikrozirkulation und kognitive Einschränkung bei Patienten mit Vorhofflimmern

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Priv.-Doz. Dr. med. Alexander Wutzler, M. A., Bochum 

Verschiedene epidemiologische Daten legen die Assoziation von Vorhofflimmern (VHF) und kognitiver Einschränkung nahe. Kognitive Defizite treten dabei auch unabhängig vom Vorliegen einer zerebralen Ischämie auf. Perfusionsdefizite werden als zugrundeliegender Mechanismus diskutiert, allerdings gibt es bislang wenige Daten hierzu. In klinischen Studien konnte gezeigt werden dass die zerebrale Mikrozirkulation durch die Kardioversion von Vorhofflimmern verbessert wird. Allerdings lagen bislang keine Daten zur zerebralen Mikrozirkulation im direkten Vergleich zwischen Vorhofflimmerpatienten und Patienten ohne VHF vor. Zudem gab es bisher keine Untersuchung zur zerebralen Mikrozirkulation und kognitiver Leistung bei Patienten mit und ohne VHF. Ziel unserer Studie war daher, die zerebrale Mikrozirkulation und die kognitive Leistung bei Patienten mit Vorhofflimmern im Vergleich zu einer Kontrollgruppe ohne Vorhofflimmern zu untersuchen.

Hierzu wurden Patienten mit persistierendem VHF und Probanden, welche nach Alter, Ausbildungsstand und Begleiterkrankungen gemachted waren, prospektiv untersucht. In beiden Gruppen wurde die regionale zerebrale Oxygenierung (rSO2) als Marker der zerebralen Mikrozirkulation mittels Nah-infrarot-Spektrometrie (NIRS) bestimmt. Zudem wurde die kognitive Leistung mittels Trail Making Test (TMT) untersucht. Ausschlusskriterien waren eine schwere strukturelle Herzerkrankung (eingeschränkte linksventrikuläre Funktion, höhergradiges Klappenvitium), sowie eine neurologische oder psychiatrische Vorerkrankung.

Insgesamt wurden 27 Patienten untersucht, davon 17 VHF-Patienten und 10 Kontrollpatienten ohne VHF, aber mit gleichen kardiovaskulären Erkrankungen (Tabelle 1). Bei den VHF-Patienten war die bilateral gemessene zerebrale Sauerstoffsättigung signifikant niedriger, als bei den Kontrollpatienten ohne VHF (rSO2 rechtsseitig 67.6±5.7 vs. 73.1±5.5%, p=0.04; rSO2 linksseitig 65.9±4.8 vs. 71.5±4.7%, p=0.007). Zudem war die Leistung im TMT-A bei den VHF-Patienten signifikant schlechter, als bei den Kontrollpatienten (60.4±17 vs. 47.9± 2.6 Sekunden, p=0.03; Tabelle 2).

Fazit
Die Ergebnisse unserer Studie zeigen erstmals zerebrale Mikrozirkulationsstörungen und kognitive Defizite bei VHF-Patienten im Vergleich mit einer Kontrollgruppe. Zerebrale Perfusionsdefizite könnten also zu der verminderten kognitiven Leistung bei VHF Patienten beitragen. NIRS und einfache kognitive Tests wie der TMT erscheinen als vielversprechende, nicht-invasive Screening-Instrumente, die künftig in der klinischen Praxis zur Früherkennung kognitiver Einschränkung und zur Therapieoptimierung bei VHF-Patienten zum Einsatz kommen könnten.

 

Tabelle 1  

 VHF

(n= 17)

 

Kontrollgruppe

(n= 10)

P
Charakteristika
Alter (Jahre) 73.8 ± 5.3 70.1 ± 7.4 0.2
Männlich (%)   4 (23.5)    2 (20) 0.8
BMI (kg/m2) 31.2 ± 5.7 30.1 ± 6.7 0.5
Hypertonus (%) 14 (82.4) 10 (100) 0.2
KHK (%)  3 (17.6)  2 (20) 0.9
Diabetes mellitus (%)  3 (17.6)  4 (40) 0.2
Medikation
Betablocker (%) 10 (58.8) 3 (30)  0.2
Aspirin (%)  3 (17.6) 3 (30) 0.5
VKA (%)  5 (29.4)
DOAC (%)        8 (47.1)
Diuretika (%) 10 (58.8) 4 (40)   0.4
ACE-Hemmer/ARB (%) 13 (76.5) 9 (90)  0.4
Statin (%)  7 (41.2) 4 (40)  1
Antidiabetika (%) 3 (17.6) 4 (40) 0.2

Tabelle 1: Charakteristika der VHF- und Kontrollpatienten. ARB = Angiotensin Rezeptorblocker, BMI = Body Mass Index, DOAC = Direkte orale Antikoagulanzien, KHK = Koronare Herzerkrankung, VKA = Vitamin K Antagonisten, VHF = Vorhofflimmern

 

Tabelle 2  

VHF

(n= 17)

 

Kontrollgruppe

(n= 10)

P
Zerebrale rSO2 rechtsseitig (%)        67.6 ± 5.7 73.1 ± 5.5    0.04*
Zerebrale rSO2 linksseitig (%)        65.9 ± 4.8 71.5 ± 4.7      0.007*
Systolischer Blutdruck (mmHg)      122.9 ± 21.4           128.5 ± 18.6 0.6
Diastolischer Blutdruck (mmHg)        75.9 ± 13                80 ± 9.1 0.4
Herzfrequenz (min-1)  73.9 ± 12.5 72.4 ± 9.3 1
Trail making test A (s)        60.4 ± 17   47.9 ± 12.6    0.03*
Trail making test B (s)      143.7 ± 47.2    117 ± 25.8 0.1

Tabelle 2: Zerebrale Oxygenierung, Vitalparameter und Ergebnisse des Trail Making Test der VHF –und Kontrollpatienten. VHF = Vorhofflimmern, rSO2 = regionale Sauerstoffsättigung.

*statistisch signifikant

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