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Erste Erkenntnisse zur Pulmonalvenenisolation mittels des Cryoballons der dritten Generation

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Dr. Christian-H. Heeger, Hamburg

Hintergrund:

Die Pulmonalvenenisolation (PVI) ist als interventionelles Verfahren zur Therapie des Vorhofflimmerns etabliert und in den aktuellen Leitlinien zur Vorhofflimmertherapie verankert. Neben der PVI mittels Hochfrequenzstrom hat sich Kälte als weitere Energiequelle etabliert. Die erste Generation des Cryoballons (CB1, Arctic Front, Medtronic) konnte eine hohe Akuteffektivität bzgl. der PVI und moderate klinische Erfolgsraten bei gutem Sicherheitsprofil demonstrieren.1 Die zweite Generation des Cryoballons (CB2, Arctic Front Advance, Medtronic) wies einige entscheidende Veränderungen zur Verbesserung der Akut- und Langzeiteffektivität auf. So wurden die Kühleigenschaften verbessert und damit eine deutlich höhere klinische Wirksamkeit erreicht (77 – 84% 1-Jahres Rezidivfreiheit).2 Dabei kann die überwiegende Anzahl der Pulmonalvenen (PV) bereits mit der initialen Kälte-Applikation elektrisch isoliert werden. Jede zusätzliche Applikation kann jedoch potenziell das Risiko von prozedur-assoziierten Komplikationen wie Nervus phrenicus-Paresen oder thermaler ösophagealer Läsionen erhöhen. Neben der Anwendung von “Single-Freeze“ Protokollen und Reduktion der Applikationszeit von initial 240 auf 180 Sekunden wird derzeit die Verwendung von Protokollen, die den individuellen Zeitpunkt der Isolation der PV (“time to effect“ (TTE)) berücksichtigen, evaluiert.3, 4 Hierbei wird nach dokumentierter PVI die Applikation nach einer zuvor definierten Zeitspanne (z.B. TTE + 120 Sekunden) terminiert. Die TTE lässt sich dabei mittels eines modifizierten Spiralkatheters (Achieve, Medtronic) bestimmen.

Die dritte Generation des Cryoballons (CB3, Arctic Front Advance ST („Short Tip“), Medtronic) weist eine um 40% verkürzte distale Spitze auf. Diese erlaubt eine proximalere Positionierung des Spiralkatheters innerhalb der jeweiligen PV (Abbildung 1). In einer kürzlich von unserem Zentrum publizierten Studie wurde untersucht, ob der CB3 im Vergleich zum CB2 eine höhere Rate an TTE-Bestimmungen zulässt und eine individualisierte TTE-basierte Ablationsstrategie zu einer verkürzten Applikationsdauer und möglicherweise Reduktion von prozedur-assoziierten Komplikationen führt.5 Bisher gab es in der Literatur keine Daten zur Anwendung des CB3.

Methoden:

Patienten mit symptomatischem, Medikamenten-refraktärem, paroxysmalem oder kurz-anhaltend persistierendem Vorhofflimmern wurden einer PVI mittels des CB2 (n=30) oder des CB3 (n=30) zugeführt. Nach einfacher transseptaler Punktion und selektiven PV-Angiographien wurde der CB in den linken Vorhof eingeführt. Wenn die TTE dokumentierbar war, betrug die individualisierte Applikationsdauer pro PV entsprechend TTE + 120 Sekunden. Im Falle nicht ableitbarer PV-Signale wurde standardmäßig 180 Sekunden Kälteenergie appliziert und anschließend die PVI evaluiert. Als primärer Endpunkt wurden die Rate an TTE-Bestimmungen und an isolierten PV, sowie die Applikations-, Prozedur- und Fluoroskopiedauer definiert. Sekundärer Endpunkt war die Inzidenz an Prozedur-assoziierte Komplikationen.

Ergebnisse:

Es wurden 60 Patienten (Alter 61 +/- 11 Jahre, 9/60 (15%) weiblich, linksatrialer Diameter 45±6 mm, 42/60 [70%] Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern, 18/60 [30%] Patienten mit kurz-anhaltend-persistierendem Vorhofflimmern) eingeschlossen. Die Patientencharakteristika beider Gruppen zeigten keine Unterschiede. Insgesamt konnten 237 PV identifiziert und alle PV erfolgreich isoliert werden. Der TTE war bei 74% der PV in der CB3-Gruppe und bei 40% der PV in der CB2-Gruppe ableitbar (p<0.001).5 Auffällig war eine im Mittel signifikant niedrigere minimale Ballontemperatur unter Verwendung des CB2 im Vergleich zum CB3 (-48.4°C versus -44.6°C, p = 0.0002). Weitere prozedurbezogene Daten wie die Gesamtzahl an CB-Applikationen, die Rate isolierter PV während der ersten Applikation und die minimale Ösophagus-Temperatur waren nicht signifikant unterschiedlich. Die mittlere Applikations-, Prozedur- und Fluoroskopiezeit waren ebenfalls nicht signifikant verschieden, waren jedoch tendenziell unter Verwendung des CB3 kürzer. Eine Subgruppenanalyse für die jeweiligen PV konnte eine signifikant geringere Applikationsdauer für die rechtsseitigen PV unter Verwendung des CB3 nachweisen. Eine transiente Nervus phrenicus-Parese trat bei 1/60 (2%) Patienten auf. Es gab keine weiteren Prozedur-assoziierten Komplikationen.5

Schlussfolgerungen:

Der direkte Vergleich des CB2 mit dem CB3 unter Verwendung eines individualisierten TTE-geführten Ablationsprotokolls bei Patienten mit paroxysmalem und kurz-anhaltend persistierendem Vorhofflimmern zeigte vergleichbare akute Erfolgsraten bzgl. der PVI. Im Vergleich zum CB2 ermöglicht der CB3 eine signifikant höhere Rate an TTE-Bestimmungen. Damit werden zukünftig individualisierte Ablationsstrategien vereinfacht. Die potenzielle Reduktion von Prozedurzeiten und periprozeduralen Komplikationen, sowie der klinische Langzeiterfolg unter Anwendung individualisierter Ablationsstrategien muss in zukünftigen Studien weitergehend evaluiert werden.

Referenzen:

  1. Packer DL, Kowal RC, Wheelan KR, et al. Cryoballoon ablation of pulmonary veins for paroxysmal atrial fibrillation: First results of the north american arctic front (stop af) pivotal trial. JACC. 2013;61:1713-1723
  2. Metzner A, Reissmann B, Rausch P, et al. One-year clinical outcome after pulmonary vein isolation using the second-generation 28-mm cryoballoon. Circulation Arrhythmia and electrophysiology. 2014;7:288-292
  3. Wissner E, Heeger CH, Grahn H et al. One-year clinical success of a ’no-bonus‘ freeze protocol using the second-generation 28 mm cryoballoon for pulmonary vein isolation. Europace. 2015;17:1236-1240
  4. Ciconte G, de Asmundis C, Sieira J, et al. Single 3-minute freeze for second-generation cryoballoon ablation: One-year follow-up after pulmonary vein isolation. Heart rhythm. 2015;12:673-680
  5. Heeger CH, Wissner E, Mathew S, et al. Short tip-big difference? First-in-man experience and procedural efficacy of pulmonary vein isolation using the third-generation cryoballoon.               Clinical research in cardiology. 2015. Epub head of print

 

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