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Scharfe Bilder aus dem Inneren der Herzkranzgefäße

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Pressetext als PDF - gegebenenfalls mit Bildmaterial

Statement PD Dr. David M. Leistner, Charité – Universitätsmedizin Berlin

DGK-Pressekonferenz, Donnerstag 6. Oktober 2016

Ein neues bildgebendes Verfahren, die optische Kohärenztomographie (OCT), bringt weitere Erleichterungen und Verbesserungen für die Arbeit mit Herzkathetern. So wird bei der OCT über einen Bildgebungskatheter mit Infrarotlicht direkt in ein Herzkranzgefäß geleuchtet. Dabei kommt es an den Gefäßwänden zu charakteristischen Lichtbrechungen, die Informationen über Zusammensetzung und Struktur des Gefäßes liefern. Aus diesen Informationen kann der Computer unvergleichlich realitätsnahe, vergrößerte Aufnahmen der Gefäßinnenwand generieren (vgl. Bildmaterial). In diesem kardiologischen Einsatzgebiet ist die OCT noch relativ neu, während das Verfahren beispielsweise in der Augenheilkunde bereits seit einigen Jahren Anwendung findet.

Die zusätzlichen Informationen und verbesserten Bilder aus dem Inneren der Herzkranzgefäße erleichtern interventionellen Kardiologen die Arbeit erheblich. So können jetzt nicht nur Ablagerungen in den Wänden von Herzkranzgefäßen, sogenannte atherosklerotische Plaques („Arterienverkalkungen“), sicher erkannt werden, sondern auch gefährliche Plaques von harmloseren unterschieden werden. Im Vergleich zu den Bildern, die wir bislang mittels Ultraschall im Inneren der Gefäße machen konnten, erlaubt die OCT eine deutlich bessere Auflösung: Strukturen, die sich bislang allenfalls schemenhaft darstellen ließen, können nun präzise abgebildet und ausgewertet werden. Mit der OCT können wir, im Gegensatz zum Ultraschall, nicht nur die Plaque selbst erkennen, sondern sogar im Detail deren Oberfläche und Zusammensetzung bestimmen. So lässt sich zum Beispiel mittels OCT auch identifizieren, ob eine solche Plaque instabil und mit einer dünnen Kappe ausgestattet ist, was mit einem besonders hohen Herzinfarktrisiko verbunden ist (vgl. Bildmaterial 1a + 1b).

Diese neuen Möglichkeiten haben aber auch direkte Konsequenzen für die Therapie. Mit den zusätzlichen Einblicken können Interventionen im Gefäß anders geplant und durchgeführt werden, auch die Erfolgskontrolle lässt sich optimieren.

Ob die Verwendung der optischen Kohärenztomographie nicht nur das Behandlungsergebnis, sondern vielleicht sogar die Prognose von Patientinnen und Patienten nach Stent-Implantation verbessert, ist Gegenstand laufender Studienprojekte.

Wir haben gelernt, dass die intravasale Bildgebung insbesondere bei Patienten mit komplexen Veränderungen in den Herzkranzgefäßen Vorteile bringt. Allerdings wurden die entsprechenden Studien in der Vergangenheit mit intravasalem Ultraschall (IVUS) durchgeführt. Da die OCT deutlich bessere Bilder liefert als der IVUS, ist wohl davon auszugehen, dass sie mindestens ebenso gut abschneidet. Nachdem die OCT erst seit rund zwei Jahren verfügbar ist, wird allerdings noch etwas Zeit benötigt, bis auch für dieses neue Verfahren entsprechende Daten vorliegen.

Aktuelle Publikationen weisen jedenfalls in eine vielversprechende Richtung. So wurde im Rahmen des jüngsten Kongresses der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) in Rom eine Studie präsentiert, die zeigt, dass der Einsatz der OCT beim Einsetzen von Stents im Vergleich zur Stent-Implantation nur unter konventioneller Röntgen-Kontrolle zu einer besseren Stent-Platzierung und dadurch einer besseren Durchblutung des Herzmuskels führt. [1]

In der klinischen Praxis wird die optische Kohärenztomographie immer im Rahmen einer Herzkatheter-Untersuchung durchgeführt. Die Infrarot-Lichtquelle wird dabei über einen haarfeinen Draht, der auch zum Positionieren eines Stents benutzt wird, in das Gefäß eingebracht. Die Untersuchung geht sehr schnell vor sich. Innerhalb von zwei bis drei Sekunden lassen sich bis zu 75 mm des Herzkranzgefäßes per Infrarotlicht abbilden.

Um das möglich zu machen, muss das Gefäß für kurze Zeit frei von Blut sein. Das lässt sich durch den sogenannten Kontrastmittelflash erzielen: Dabei wird das Gefäß kurz mit einem Röntgenkontrastmittelbolus, wie er auch für die Röntgen-Bildgebung notwendig ist, freigespült. Die optische Bildgebung ergänzt also die rein angiographische Darstellung.

Die OCT sollte in Kombination mit der Angiographie gesehen werden. Wenn man Routine mit der OCT hat, muss man die Röntgen-Durchleuchtung weniger nutzen. Man hat dann sogar weniger Strahlenbelastung und benötigt insgesamt weniger Kontrastmittel. Allerdings ist, wie immer, wenn Kontrastmittel zum Einsatz kommen, bei nierenkranken Patienten bei der OCT Vorsicht angebracht.

Langfristig ist eine zunehmend wichtige Rolle für die optische Kohärenztomographie (OCT) in der Kardiologie zu erwarten – nicht nur im Zusammenhang mit einer Optimierung von Katheterinterventionen. Die Einblicke in den Zustand der Gefäßwand bieten beispielsweise im Rahmen der kardiologischen Forschung die Möglichkeit, die Wirkung von Medikamenten auf die Wände der Herzkranzgefäße zu evaluieren. Letztlich könnte die OCT so auch einen wichtigen Beitrag zu einer verstärkten Individualisierung der Therapie leisten.

[1] „DOCTORS – Does Optical Coherence Tomography Optimise Results of Stenting?“, ESC Abstract 4151, präsentiert von Nicolas Meneveau im Rahmen der Hot Line Session „Coronary artery disease and imaging“, am 29. August 2016 in Rom

Bildmaterial

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