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Risikostratifizierung bei Patienten mit kathetergestütztem Aortenklappenersatz (TAVI): logistischer EuroSCORE, EuroSCORE II, STS-Score oder GARY-Score?

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Dr. Felipe Fuchs, Bonn

Transkatheter-Aortenklappenersatz (TAVI) hat sich als eine wirksame Behandlung für symptomatische Patienten mit Aortenstenose und einem hohen Operationsrisiko etabliert. Trotzdem ist die Mortalität nach TAVI noch relativ hoch. Tatsächlich sind die meisten Todesfälle nicht durch periprozedurale Komplikationen oder kardialen Ursachen bedingt, sondern Komorbiditäten und dem fortgeschrittenen Alter geschuldet.

Eine Möglichkeit zur Abschätzung des Risikos sind sog. chirurgische Risikoscores, welche für Operation am offenen Herzen entwickelt und validiert worden sind. Dies bedeutet eine eingeschränkte Gültigkeit für perkutane Eingriffe. Deswegen wurde der deutsche Aortenklappen Score (GARY-Score) entwickelt, um das periprozedurale Risiko bei TAVI-Patienten besser einschätzen zu können.

Das Ziel unserer Studie war es, den prognostischen Wert von vier Risiko-Scores (logistischer EuroSCORE, EuroSCORE II, STS score und GARY score) für kurz- aber auch mittelfristige Ergebnisse nach TAVI zu vergleichen.

Ko-primäre Endpunkte unserer Studie waren die Gesamtmortalität nach 30 Tagen und 1 Jahr. Follow-up-Daten wurden während der routinemäßigen ambulanten Besuche, aus Krankenhausentlassungsbriefen und durch Telefoninterviews mit den zuweisenden Kardiologen oder Hausärzten gesammelt. Logistischer EuroSCORE, EuroSCORE II, STS score und GARY score wurden gemäß den veröffentlichten Algorithmen berechnet und u.a. mittels ROC-Kurven-Analyse verglichen.

In unsere Studie wurden 550 Patienten eingeschlossen, welche ein hohes Risiko für einen operativen Aortenklappeneingriff besaßen – reflektiert durch einen logistischen EuroSCORE von 25,3±16,9, EuroSCORE II von 8,6±7,9, STS score von 8.4 ± 6.5 und GARY score von 7.6±7,3. Die Gesamtmortalität nach 30 Tagen und nach 1 Jahr lag bei 7,8% bzw. 23,4%. Patienten, die während des ersten Jahres nach TAVI verstorben sind, hatten signifikant höhere Risiko-Scores als die Patienten, die nach dem Eingriff überlebten (p<0,001 für alle Risiko-Scores). Der GARY score zeigte sich stark mit dem logistischen EuroSCORE (r=0,64) und dem STS-Score (r=0,69), jedoch nur mäßig mit dem EuroSCORE II (r=0,50) (Abbildung 1) korreliert.

Zur Vorhersage der 30-Tages Mortalität zeigten sich folgende Werte in der ROC-Kurvenanalyse: logistischer EuroSCORE (AUC: 0,68, 95% CI: 0,59-0,78) und GARY score (AUC: 0,68, 95% CI: 0,59-0,77) hatte die höchste AUC im Vergleich zu den anderen Scores mit EuroSCORE II (AUC: 0,65, 95% CI: 0,55-0,75) und STS score (AUC: 0,63, 95% CI: 0,53-0,74). Allerdings war der logistische EuroSCORE schlecht kalibriert, da er die 30-Tage-Sterblichkeit weitgehend überschätzt. Für die Vorhersage der 1-Jahres-Mortalität hatte der logistische Euroscore (AUC: 0,74; 95% CI: 0,69-0,80) die höchste AUC im Vergleich zu den anderen Scores: Euroscore II (AUC: 0,69; 95% CI: 0,62-0,75), STS score (AUC: 0,69, 95% CI: 0,64-0,75), und GARY score (AUC: 0,68; 95% CI: 0,62-0,74) (Abbildung 2). Der GARY score eignete sich jedoch sehr gut zur Stratifizierung für TAVI-Patienten hinsichtlich ihres 1-Jahres-Mortalitätsrisiko (Abbildung 3).

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der aortenklappenspezifische GARY-Score, im Vergleich zu herkömmlichen chirurgischen Risiko-Scores, das Risiko einer TAVI befriedigend vorhersagen kann, jedoch nicht überlegen war. Der GARY score ist ein vielversprechendes Instrument, muss aber weitere Kalibrierung erfahren und sollte noch weiter für TAVI-Patienten spezifiziert werden.

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 9000 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen, die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org.