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MitraClip bei Patienten mit hochgradig eingeschränkter LV-Funktion – Akute hämodynamische Veränderungen in Abhängigkeit des linksatrialen Volumens

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Kristina Dahlem, Köln, PD Dr. Volker Rudolph, Köln

Die interventionelle Behandlung der Mitralklappeninsuffizienz mittels MitraClip-Implantation bei Patienten mit hohem Operationsrisiko ist eine inzwischen weiterverbreitete und anerkannte Alternative zur konventionellen Operation[1]. Neben einem niedrigen periprozeduralen Risiko für Komplikationen[2], zeigt sich bei einem Großteil der Patienten, unabhängig der Genese der Mitralklappeninsuffizienz, postinterventionell eine Reduktion der Mitralklappeninsuffizienz sowie eine Verbesserung der klinischen Symptomatik[3]. Etwa die Hälfte (52,7%) der Patienten, bei denen eine MitraClip Implantation durchgeführt wird, haben vor Implantation eine mittelgradig eingeschränkte systolische linksventrikuläre Pumpfunktion <40%, bei 11% der Patienten zeigt sich die Ejektionsfraktion sogar hochgradig eingeschränkt mit <20%[4]. Die akut auftretenden hämodynamischen Veränderungen nach interventioneller Behandlung einer Mitralklappeninsuffizienz sind in diesem Zusammenhang insbesondere bei diesem Hochrisiko-Kollektiv ein vielfach diskutiertes Thema. Bei diesen Patienten stellt sich die Frage, ob die Mitralklappeninsuffizienz selbst zu einer weiteren Verschlechterung der linksventrikulären Funktion führt oder ob viel eher die inkompetente Mitralklappe als eine Art Entlastungsventil („pop-off“) für den volumenüberladenen Ventrikel fungiert.

Basierend auf diesen Überlegungen haben wir in unserer Klinik 19 Patienten untersucht und die akuten Veränderungen der linksventrikulären Kontraktilität nach MitraClip-Implantation evaluiert. Die untersuchten Patienten hatten eine hochgradig eingeschränkte linksventrikuläre systolische Funktion (EF 25,2 ± 13,9%), ein dilatiertes linkes Atrium (LA-Volumen initial 128,4 ± 63,7 ml) und waren aufgrund einer funktionellen (73,7%) oder degenerativen (26,3%) Mitralklappeninsuffizienz (MR IV° bei 26,3%, NYHA IV bei 47,4%) und hohem Operationsrisiko für eine MitraClip-Intervention geplant. Das mittlere Alter der Patienten lag bei 77,9±7,9 Jahre, 47% der Patienten waren weiblich. Eine erfolgreiche Reduktion der Mitralklappeninsuffizienz auf Grad 2+ oder weniger konnte bei allen Patienten erreicht werden.

Bei allen Patienten wurde 3 Tage vor und 3 Tage nach der Prozedur eine transthorakale Echokardiographie durchgeführt, in der zusätzlich zu den Standarduntersuchungen zur besseren Quantifizierung der Kontraktilität des Myokards, die linksatriale und globale linksventrikuläre longitudinale Strain gemessen wurde. Der Normwert der globalen linksventrikulären longitudinalen Strain bei einem gesunden Patienten ist aufgrund der Verkürzung des Ventrikelmyokards in der Systole negativ und liegt bei etwa -18 bis -20%[5]. Insgesamt zeigten alle Patienten aufgrund der schweren Herzinsuffizienz abnorme Strain-Werte. Durchschnittlich konnte jedoch keine signifikante Veränderung der linksventrikulären und linksatrialen Strain vor und nach der Intervention (3 Tage vor MitraClip -3,9±.4,5%; 3 Tage nach MitraClip -2,6 ±3,7%) gezeigt werden.

Was sich jedoch zeigte, war eine starke Korrelation des linksatrialen Volumens und einer damit einhergehenden Veränderung der linksventrikulären Strain (r: -0.72, p<0.01). Es zeigte sich eine stärkere Reduktion der linksventrikulären Kontraktilität nach der MitraClip-Implantation bei Patienten mit größerem linksatrialem Volumen. In der multivariaten linearen Regressionsanalyse zeigte sich das linksatriale Volumen als unabhängiger Vorhersagewert für die Verschlechterung der linksventrikulären Kontraktilität in Form der Strain (r2: -0.07, p<0.01). Die Vorhersage war zudem unabhängig von der linksventrikulären Ejektionsfraktion (r2: -0.05, p=0.40), der EROA (r2: -0.09, p=0.09) und der linksatrialen Strain-Messung (r2: -0.03, p=0.85).

Diese Daten legen nahe, dass ein vergrößertes linkes Atrium bei hochgradiger Mitralklappeninsuffizienz als eine Art Reservoir mit niedrigem Widerstand agiert. Konsekutiv führt eine Reduktion der Mitralklappeninsuffizienz bei diesen Patienten zu einer Verschlechterung der linksventrikulären Kontraktilität, die sich in einer Verminderung der globalen longitudinalen Strain ausdrückt. Bei Patienten mit kleinerem linksatrialem Volumen zeigte sich hingegen keine Verschlechterung der Kontraktilität nach der MitraClip-Implantation.

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 Literatur:

1 Whitlow, Patrick L, Ted Feldman, Wes R Pedersen, D Scott Lim, Robert Kipperman, Richard Smalling, Tanvir Bajwa, and others. „Acute and 12-month Results with Catheter-based Mitral Valve Leaflet Repair: The EVEREST II (Endovascular Valve Edge-to-Edge Repair) High Risk Study.“ Journal of the American College of Cardiology 59, no. 2 (2012): doi:10.1016/j.jacc.2011.08.067.

2 Baldus, Stephan, Wolfgang Schillinger, Olaf Franzen, Raffi Bekeredjian, Horst Sievert, Joachim Schofer, Karl-Heinz Kuck, and others. „MitraClip Therapy in Daily Clinical Practice: Initial Results From the German Transcatheter Mitral Valve Interventions (TRAMI) Registry.“ European journal of heart failure 14, no. 9 (2012): doi:10.1093/eurjhf/hfs079.

3 Rudolph, Volker, Michael Huntgeburth, Ralph Stephan von Bardeleben, Peter Boekstegers, Edith Lubos, Wolfgang Schillinger, Taoufik Ouarrak, Holger Eggebrecht, Christian Butter, and Björn Plicht. „Clinical Outcome of Critically Ill, Not Fully Recompensated, Patients Undergoing MitraClip Therapy.“ European journal of heart failure 16, no. 11 (2014): 1223-1229.

4 Maisano, Francesco, Olaf Franzen, Stephan Baldus, Ulrich Schäfer, Jörg Hausleiter, Christian Butter, Gian Paolo Ussia, and others. „Percutaneous Mitral Valve Interventions in the Real World: Early and 1-year Results From the ACCESS-EU, a Prospective, Multicenter, Nonrandomized Post-approval Study of the MitraClip Therapy in Europe.“ Journal of the American College of Cardiology 62, no. 12 (2013): doi:10.1016/j.jacc.2013.02.094.

5 Yingchoncharoen, Teerapat, Shikhar Agarwal, Zoran B Popović, and Thomas H Marwick. „Normal Ranges of Left Ventricular Strain: A Meta-analysis.“ Journal of the American Society of Echocardiography : official publication of the American Society of Echocardiography 26, no. 2 (2013): doi:10.1016/j.echo.2012.10.008.