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Siegeszug des Herzkatheters: Die Qualität muss stimmen

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Statement Prof. Dr. Karl-Heinz Kuck, Hamburg, President Elect der DGK

Minimalinvasive Untersuchungen und Behandlungen mit dem Herzkatheter haben das Potential, die Kardiologie zu revolutionieren. Voraussetzung dafür ist die Einhaltung strenger Qualitätsstandards. Die DGK hat für die minimalinvasive Implantation künstlicher Aortenklappen solche Standards erarbeitet.

In der Kardiologie zeichnet sich seit einigen Jahren ein vermehrter Trend zu minimalinvasiven Eingriffen ab. Minimalinvasiv bedeutet in der Regel, dass eine Untersuchung oder Behandlung mit dem Herzkatheter durchgeführt werden kann. Dabei nähert sich die interventionelle Kardiologie mit ihren Instrumenten dem Herzen idealerweise über das Arterien- oder Venensystem. Die Vorteile liegen auf der Hand: Der Brustkorb muss nicht eröffnet werden, ein Einsatz der Herz-Lungenmaschine ist nicht erforderlich. Bei vielen Katheter-Eingriffen ist überhaupt keine Narkose erforderlich. Die vielen Vorteile und die rasante technische Entwicklung führen dazu, dass Herzkatheter immer häufiger zum Einsatz kommen. So verzeichnet auch der aktuelle Deutsche Herzbericht einen steigenden Trend beim Einsatz von Herzkathetern für diagnostische oder therapeutische Zwecke.

Neue Therapien wie insbesondere die minimalinvasive Implantation von künstlichen Aortenklappen (TAVI) erweisen sich als so erfolgreich, dass die Eingriffszahlen nicht nur in den vergangenen Jahren gestiegen sind, sondern aller Voraussicht nach auch in absehbarer Zeit weiter steigen werden. Das erfordert Qualitätssicherung. War die TAVI zunächst nur für Patienten gedacht, die so krank waren, dass ihnen eine Operation an der Herz-Lungenmaschine nicht mehr zugemutet werden konnte, so mehrt sich nun die Evidenz, dass auch durchaus operationsfähige Patienten von dieser Methode profitieren können. In dieser neuen Situation besteht dringender Bedarf nach Empfehlungen zur Indikationsstellung der TAVI gegenüber dem herzchirurgischen Klappenersatz sowie zu praktischen Aspekten der TAVI-Implantation. Diese Empfehlungen wurden kürzlich von einer Task Force der DGK erarbeitet und in einem Positionspapier publiziert. Darin werden unter anderem einheitliche Qualitätsstandards für TAVI-Eingriffe formuliert. Ziel dieses Papiers ist vor allem die Sicherung der Versorgungsqualität bei steigendem klinischem Bedarf.

Dabei wurde Wert auf flexible Indikationsstellung gelegt. Die Entscheidung zwischen TAVI und chirurgischer Klappenprothese für Patienten mit hochgradiger, symptomatischer Aortenklappenstenose soll in einem TAVI-Zentrum unabhängig von der aufnehmenden Fachabteilung, stets gemeinsam im Herz-Team getroffen werden. Dieser Ansatz schließt explizit den Willen des Patienten und ggf. seiner Angehörigen mit ein. Score-Systeme können zur Entscheidungsfindung herangezogen werden, sind aber immer als Teil des klinischen Gesamtbildes zu sehen und führen nicht zu automatischen Indikationsstellungen.

Definiert wurden auch Anforderungen an TAVI-Zentren. Diese müssen personelle, technische, strukturelle und organisatorische Anforderungen erfüllen, um für die entsprechende Indikations-, Prozess- und Ergebnisqualität garantieren zu können. Damit soll die umfassende und multidisziplinäre Versorgung innerhalb eines interdisziplinären Herz-Teams sichergestellt werden. Im Zentrum dieses Teams stehen Kardiologen und Herzchirurgen mit jeweils ausreichender Erfahrung in der Durchführung der TAVI-Prozedur (>50 supervidierte TAVI-Prozeduren/Jahr/Zentrum und ≥25 TAVI-Prozeduren/Jahr/Operateur) bzw. der Beherrschung möglicher Komplikationen.

Wir betonen in unserem Positionspapier, dass an einem TAVI Zentrum nicht unbedingt eine herzchirurgische Fachabteilung vorhanden sein muss. In solchen Fällen muss eine vertragliche Kooperation mit einer Fachabteilung für Herzchirurgie nachgewiesen werden. Dies gründet einerseits in der Tatsache, dass die Rate schwerwiegender Komplikationen, die bei TAVI-Eingriffen ein sofortiges Eingreifen des Herzchirurgen erfordern, derzeit bei nur ein Prozent liegt und der Trend laufend weiter nach unten geht. Andererseits existieren Daten des AQUA-Instituts (Institut für angewandte Qualitätsförderung und Forschung im Gesundheitswesen) aus dem Jahr 2013, wonach die Mortalität bei TAVI-Behandlung in Zentren mit Fachabteilung für Herzchirurgie und ohne entsprechende Abteilung – aber mit Beteiligung von kooperierenden Herzchirurgen bei TAVI-Eingriffen – nicht unterschiedlich war.

Der ideale Ort für die Durchführung einer TAVI-Implantation ist ein Hybrid-Katheterlabor/Operationssaal, in dem im Falle einer Komplikation, die einen herzchirurgischen Eingriff erfordert, sofort die Operation erfolgen kann. Ist vor Ort kein Hybridlabor vorhanden, können TAVI-Prozeduren unter bestimmten Voraussetzungen auch in einem Herzkatheterlabor durchgeführt werden. Wenn im Falle einer Komplikation eine Operation unmittelbar erfolgen muss, muss das Herzkatheterlabor für den herzchirurgischen Eingriff vollständig ausgestattet sein.

Diese Empfehlungen zu den Qualitätsstandards von TAVI-Eingriffen werden auch künftig regelmäßig in Abhängigkeit von der wissenschaftlichen Datenlage aktualisiert werden.

Die Zertifizierung von Zentren durch die DGK ist in den Anfängen, die ersten Zentren sind bereits zertifiziert. Mit den Erfahrungen der ersten Zertifizierungen ist für die nächsten Wochen die Einrichtung eines eigenen Bereichs auf der DGK-Homepage geplant, so dass sich Zentren quer durch Deutschland für die Zertifizierung anmelden können. Der Plan für meine Präsidentschaft ist, derartige Qualitäts-Initiativen auszuweiten und als nächstes Projekt die Zertifizierung von Vorhofflimmer-Zentren zu veranlassen.

Quelle: Qualitätskriterien zur Durchführung der transvaskulären Aortenklappenimplantation; Kardiologe 2014 – 8 (6): DOI 10.1007/s12181-014-0622-8; K.-H. Kuck, H. Eggebrecht, H. R. Figulla, M. Haude, H. Katus, H. Möllmann, C. K. Naber, H. Schunkert, H. Thiele, C. Hamm (http://leitlinien.dgk.org/2014/qualitaetskriterien-zur-durchfuehrung-der-transvaskulaeren-aortenklappenimplantation-tavi/)