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Aus Stammzellen gezüchtetes Gewebe soll das angeschlagene Herz regenerieren – Deutsche Forscher maßgeblich an viel versprechender Entwicklung beteiligt

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Statement Prof. Dr. Gerd Hasenfuss, Leiter der Abteilung Kardiologie und Pneumologie der Universität Göttingen

Bei einem Herzinfarkt sterben Herzmuskelzellen infolge von Minderdurchblutung. Weil der Herzmuskel nicht die Fähigkeit zur Regeneration besitzt, ist der angerichtete Schaden irreparabel: Das untergegangene Muskelgewebe wird durch eine Narbe ersetzt, die noch zusätzliche mechanische Probleme im Zuge der Pumpbewegung verursachen kann. Therapien, die Herzmuskelzellen wieder nachwachsen lassen, werden daher dringend gesucht. Eine in diesem Zusammenhang vieldiskutierte und intensiv beforschte Option sind Stammzellen: Zellen mit der Fähigkeit, sich in unterschiedliche Zell-Typen zu differenzieren. Auch im Körper eines erwachsenen Menschen sind Stammzellen vorhanden, die zum Beispiel dafür sorgen, dass Blutzellen das ganze Leben hindurch gebildet werden können. Gewebe wie das Herz oder das zentrale Nervensystem besitzen diese Fähigkeit zur Regeneration allerdings nicht. Die Idee der Stammzelltherapie bestand also zunächst darin, Blut-Stammzellen dazu zu bringen, sich in Herzmuskelzellen zu verwandeln.

Wir gehen davon aus, dass die Zelltherapie in der Lage sein wird, kranke Herzen zu stärken und zu einer Regeneration des Herzmuskels zu führen. Allerdings wurden frühe Hoffnungen enttäuscht. Wir glauben jetzt seit 2001, dass die Zelltherapie eine vielversprechende Option ist. Damals dachten wir, dass alle Probleme 2013 gelöst sein werden, was sich als zu verfrüht erwiesen hat. Dennoch sind wir optimistisch, haben aber gelernt, dass es nicht so gehen wird, wie wir ursprünglich dachten.

Die ersten Versuche beruhten auf Stammzellen aus dem Knochenmarkt, von denen man annahm, dass sie in den Herzmuskel einwandern und sich dort zu Herzmuskelzellen entwickeln. Die Zellen werden nach einem Herzinfarkt über einen Herzkatheter in die Kranzarterie verabreicht. Leider taten die Zellen das nicht. Interessanterweise sieht man aber in manchen klinischen Studien doch einen gewissen positiven Effekt. Wir vermuten, dass die Stammzellen im Herzen zum Beispiel auf die Gefäß-Neubildung einwirken. Allerdings ist die Wirkung minimal und bleibt nur für wenige Monate erhalten. Aus meiner Sicht lohnt die Prozedur daher nicht, zumal sie für Patienten belastend ist.

Hoffnung auf induzierte pluripotente Stammzellen

Besser geeignete Zellen waren also dringend gefragt. Gesucht wurde in verschiedene Richtungen. Einerseits dachte man an Stammzellen, die in geringer Menge direkt im Herzmuskel gefunden werden. Wo der Weg mit diesen Zellen hingeht, weiß man noch nicht, die entscheidenden Studien stehen noch aus. Größere Hoffnungen werden in induzierte pluripotente Stammzellen gesetzt. Diese Zellen, für die der Japaner Shin’ya Yamanaka 2012 den Nobelpreis erhielt, werden aus Haut- oder anderen reifen Zellen sozusagen rückprogrammiert und in den anpassungsfähigen Zustand einer Stammzelle versetzt. Es soll also aus der Hautzelle eine Stammzelle und daraus eine Herzmuskelzelle entstehen. Die Hoffnung ist, dass man aus diesen Zellen ein Gewebe herstellen kann, das man auf den zerstörten Teil des Herzmuskels aufbringt und das dann den Muskel bei seiner Pumparbeit unterstützt. Der Vorteil wäre, dass man das Herzgewebe im Labor erzeugen kann und daher die potentiellen Risiken von Stammzellen, zum Beispiel Tumorentstehung, kontrollierbar sind. So lässt sich das Risiko für Patienten minimieren.

Mehr als 10 Jahre bis zum klinischen Einsatz prognostiziert

Ein Projekt, das diesen Ansatz des künstlichen Herzmuskelgewebes verfolgt, wird gegenwärtig im Deutschen Zentrum für Herz-Kreislaufforschung betrieben. Inzwischen ist es gelungen, die Zellverbände herzustellen. Ihre Verwendbarkeit wird gegenwärtig in Tierversuchen getestet. Wir rechnen damit, dass die Studien an Menschen in frühestens fünf Jahren beginnen können. Bis zum klinischen Einsatz werden also mit Sicherheit mehr als zehn Jahre vergehen.

 

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