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Pressemitteilung DGK

Prädiktiver Wert von Parametern der Spiroergometrie bei zyanotischen Patienten mit angeborenen Herzfehlern

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Dr. Robert Matthias Radke et al., Münster 

Hintergrund: Erwachsene Patienten mit angeborenen Herzfehlern (EMAH) sind von einer erhöhte Mortalität und Morbidität betroffen und müssen häufiger stationär behandelt werden. Eine besondere Risikogruppe stellen dabei die zyanotischen Patienten dar und eine Risikostratifizierung ist dabei sowohl für den behandelnden Arzt als auch für den Patienten und seine Lebensplanung von naheliegendem Interesse. Der prädiktive Wert spiroergometrischer Parameter für Mortalität und Morbidität ist im allgemeinen Kollektiv der Erwachsenen mit angeborenen Herzfehler mittlerweile gut etabliert. (Quellen) Dabei spielen vor allem die maximale Sauerstoffaufnahme (peak VO2) und der Anstieg der Herzfrequenz unter Belastung eine Rolle. Ein Erklärungsmodell für die prognostische Bedeutung dieser Parameter liegt darin, daß Sie eine breite Kombination pathophysiologischer Veränderungen wie z.B. Ventrikelfunktion, vaskuläres Remodelling und autonome Dysfunktion wiederspiegeln. Gerade in der Risikogruppe der zyanotischen Patienten war der prädiktive Wert dieser Parameter bisher nicht oder nur knapp nachweisbar. Neben zu geringen Fallzahlen wurde auch ein überproportionaler Einfluss der Zyanose auf die Belastbarkeit – unabhängig von anderen pathophysiologischen Veränderungen – dafür verantwortlich gemacht.

Ziel: Ziel dieser Untersuchung war es nun, die prognostische Bedeutung der Parameter der Spiroergometrie in einer großen Gruppe zyanotischer Patienten zu evaluieren und wenn möglich erste spezifische Cut-off Werte für die Risikostratifizierung zu berechnen.

Methoden: Wir analysierten wir retrospektiv alle spiroergometrischen Untersuchungen von Patienten mit angeborenen Herzfehlern zwischen Januar 1999 und Juni 2012 am Royal Brompton Hospital in London. Eine Zyanose wurde als pulsoxymetrisch gemessene periphere Sauerstoffsättigung unter 90% in Ruhe oder bei Belastung definiert. Alle Patienten im Alter über 14 Jahre welche diesen Kriterien entsprachen wurden eingeschlossen. Die Spiroergometrien wurden jeweils im Rahmen des regulären klinischen Follow-Up mittels Laufband nach einem modifizierten Bruce Protokoll durchgeführt. Als Endpunkte wählten wir Hospitalisation und Gesamtmortalität. Die stationären Aufnahmen der eingeschlossenen Patienten wurden über das Krankenhausinformationsystem ermittelt. Die Mortalität wurde durch Abgleich der Patientendaten mit einem nationalen Mortalitätsregister bestimmt. Mittels Cox proportional-hazards Analysen ermittelten wir signifikante outcome Prädiktoren.

Ergebnisse: 336 Patienten erfüllten die Einschlusskriterien. Das mittlere Alter betrug 34.5 +-13.8 Jahre, 46% waren männlichen Geschlechts. Die größte Subgruppe war die der Eisenmengerpatienten (rund 30%) gefolgt vom univentrikulären Herz (17%) und dem Fontankreislauf (14%). Die mittlere Sauerstoffsättigung während der Untersuchung betrug 73.1 +-14.2%. Die maximale Sauerstoffaufnahme (peak VO2) korrelierte mit der Sättigung in Ruhe sowie der NYHA Klasse der Patienten. Während eines medianen Beobachtungszeitraum von 4,3 Jahren (Die IQR betrug 2,4 bis 8,1 Jahre) wurden 216 Patienten stationär aufgenommen. 52 Patienten verstarben.

Hospitalisation: Univariate Prädiktoren der Krankenhausaufnahme waren die maximale Sauerstoffaufnahme (peakVO2), die anaerobe Schwelle, das VE/VCO2 Verhältnis, die niedrigste Sättigung bei Belastung, die maximale Herzfrequenz sowie der Anstieg der Herzfrequenz bei Belastung. Bei schrittweiser multivariater Analyse blieb lediglich der Anstieg der Herzfrequenz bei Belastung als unabhängiger Prädiktor der Hospitalisation (HR 0.88/10 bpm, p=0.0001).

Mortalität: Die Patienten welche im weiteren Beobachtungszeitraum verstarben, zeigten eine signifikant niedrigere maximale Sauerstoffaufnahme gegenüber den Überlebenden (14.3+-4.9 vs. 18.2+-7.3 ml/kg/min, p<0.0001). Univariate Prädiktoren der Mortalität waren die maximale Sauerstoffaufnahme (peakVO2), die anaerobe Schwelle, das VE/VCO2 Verhältnis, die Sättigung in Ruhe, die niedrigste Sättigung bei Belastung, die maximale Herzfrequenz sowie der Anstieg der Herzfrequenz bei Belastung. Die Multivariate Analyse ergab drei unabhängige Prädiktoren: Die maximale Sauerstoffaufnahme, die Sättigung in Ruhe sowie den Anstieg der Herzfrequenz.

Mittels ROC Analyse identifizierten wir im weitere eine peak VO2  <16.1ml/kg/min, eine Sättigung in Ruhe von <91% und einen Anstieg der Herzfrequenz um <41bpm als optimale prädiktive cut-off Werte für unsere Patientengruppe. Von diesen Cut-off Werten leiteten wir einen prognostischen Score ab, bei dem für jeden dieser drei ein Punkt vergeben wurde. Je nach Score kann der Patient dann im Weiteren einer von drei Mortalitäts-Risikostufen zugeordnet werden.

Fazit: Wir analysierten in der bisher größten zyanotischen Patientengruppe den prädiktiven Wert spiroergometrischer Parameter. Spiroergometrische Parameter können – auch bei zyanotischen Patienten – diejenigen mit einem besonders hohen Risiko für Hospitalisation oder Tod identifizieren.

Die maximale Sauerstoffaufnahme ist ein etablierter Risikoprädiktor in der allgemeinen Population der Erwachsenen mit angeborenen Herzfehlern. Unsere Ergebnisse bestätigen diesen Wert auch für zyanotische Patienten. Darüber hinaus fanden wir mit der Sauerstoffsättigung in Ruhe und dem Anstieg der Herzfrequenz unter Belastung einfache aber starke Risikoprädiktoren. Zusammengefasst in einem einfachen Score können diese möglicherweise helfen, Risikopatienten zu identifizieren und entsprechend engmaschig anzubinden.

Tabelle 1: Mittels ROC Analyse identifizierten wir im eine peak VO2 <16.1ml/kg/min eine Sättigung in Ruhe von <91% und ein Anstieg der Herzfrequenz um <41bpm als optimale prädiktive cut-off Werte für unsere Patientengruppe.

Prognostischer Score:

Parameter Cut-off Punkte
peak VO2 <16.1ml/kg/min 1
Sättigung in Ruhe <91% 1
Anstieg der Herzfrequenz bei Belastung <41/min 1
  Summe

 

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