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Pressemitteilung DGK

Patient weiblich mit Thoraxschmerzen…was nun ???

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Dr. Rubini Gimenez, Basel 

Thoraxschmerzen stellen im Notfall nicht nur den jungen Assistenzarzt sondern auch den erfahrensten Arzt vor die Frage, ob es sich potenziell um einen Myokardinfarkt handeln könnte oder dem Thoraxschmerzen eine andere Ursache zugrunde liegt. Thoraxschmerz kann viele Ursachen haben, genauso ist die Bandbreite von Symptomen, welche ein möglicher Indikator für Myokardinfarkt sein könnten, gross. In manchen Fällen tritt ein Herzinfarkt sogar ohne Thoraxschmerz auf. Also woran soll man sich im Notfall halten. Neben dem EKG und der Bestimmung des Troponinlevels ist die Anamnese die Grundlage in der Diagnose des Myokardinfarkts. Bei den sogenannten „Chest pain characteristics“ handelt es sich um bekannte mögliche Myokardinfarktsymptome. Die klinische Evaluierung dieser CPC ist ein schneller und kosteneffektiver Weg, die Schmerzen zu klassifizieren und somit im Aus- oder Einschluss eines Herzinfarkts zu helfen. Aber gerade hier liegt eine der Schwachstellen.

In den letzten 20 Jahren gerieten geschlechtsspezifische Unterschiede in der Ausprägung in den Fokus der Wissenschaft. Dabei konnten vor allem eine höhere Rate an Falschdiagnosen und eine höhere Mortalitätsrate bei Frauen mit Herzinfarkt festgestellt werden. Mehrere Studien haben sich dem Problem angenommen um somit das geschlechtsspezifische Management in der Diagnose von kardialen Erkrankungen zu verbessern. Einige Studien beschreiben die Möglichkeit einer unterschiedlichen Ausprägung der Symptomatik und dem Auftreten von unterschiedlichen CPC als Leitsymptom bei Männern und Frauen ohne diese zu definieren. Hier zu erwähnen sind die Arbeiten von Canto JG et al (2007), Goldberg R et al (1998, 2000) und  Dey S el al (2009).

Nichtdestotrotz bleibt die Frage unbeantwortet:

Gibt es unterschiedliche Leitsymptome bei Männern und Frauen?

Um diese Frage zu beantworten und so das Diagnosemanagement insbesondere bei weiblichen Patienten mit Verdacht auf akuten Herzinfarkt zu verbessern, wurden 2475 Patienten in diese prospektive Studie eingeschlossen. All diese Patienten stellten sich initial mit akuten Thoraxschmerzen auf der Notfallstation  eines an dieser multizentrischen und internationalen Studie teilnehmenden Krankenhäuser vor. Dabei wurden die geschlechtsspezifischen Unterschiede in der Symptomatik der Patienten anhand von 34 vordefinierten bekannten möglichen Myokardinfarktsymptomen (CPC = Chest pain characteristics) und deren geschlechtsspezifischen Häufigkeit untersucht.

Myokardinfarkt war die endgültige Diagnose in 18% aller in die Studie eingeschlossenen Frauen und bei 22% aller männlichen Patienten. Grundsätzlich unterscheiden sich die spontan von Frauen angegebenen Symptome von denen der Männer. Die Genauigkeit der einzelnen CPC, isoliert betrachtet; einen Myokardinfarkt vorherzusagen war bei Frauen wie bei Männern niedrig. Nichtsdestotrotz gibt es einige CPC, die die Wahrscheinlichkeit der Diagnose Myokardinfarkt deutlich erhöhen:

–          durch Belastung ausgelöster oder durch Nitratgabe verbesserter Schmerz

–          Schmerzlokalisation in der Brustmitte und/oder rechten Brust

–          Schmerzausbreitung von >3 cm

–          Schmerzausstrahlung in den linken und/oder rechten Arm/Schulter

–          ein den VAS überschreitender Schmerz (Todesschmerz)

 

Im Gegensatz gibt es bestimmte CPC, die die Wahrscheinlichkeit für die Diagnose Myokardinfarkt verringern:

–          Stechender Schmerz

–          Schmerzexazerabtion bei Inspiration (atemabhängiger Schmerz), Bewegung, Druck

–          Schmerzlokalisation auf der linken Thoraxhälfte und/oder inframammilär

–          Schmerz ohne Ausstrahlung; Schmerzdauer < 2 Minuten)

 

Die CPC, die die Wahrscheinlichkeit für Myokardinfarkt erhöhen sowie erniedrigen, scheinen bei männlichen und weiblichen Patienten in ähnlicher Häufigkeit aufzutreten. Leider war es uns nicht möglich, trotz der recht hohen Zahl an eingeschlossenen Probanden, signifikante geschlechterspezifische Unterschiede der angegebenen Symptome aufzuzeigen.

Die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz und Kreislaufforschung e.V. (DGK) mit Sitz in Düsseldorf ist eine gemeinnützige wissenschaftlich medizinische Fachgesellschaft mit mehr als 8200 Mitgliedern. Sie ist die älteste und größte kardiologische Gesellschaft in Europa. Ihr Ziel ist die Förderung der Wissenschaft auf dem Gebiet der kardiovaskulären Erkrankungen, die Ausrichtung von Tagungen die Aus-, Weiter- und Fortbildung ihrer Mitglieder und die Erstellung von Leitlinien. Weitere Informationen unter www.dgk.org