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Pressemitteilung DGK

Depressionen bei Patienten mit koronarer Herzerkrankung führen unter mentalem Stress zu eingeschränkter hormoneller Stressreaktivität trotz subjektiv empfundener Stressbelastung

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PD Dr. Christiane Waller et al., Ulm

Patienten mit einer koronaren Herzerkrankung (KHK) leiden signifikant häufiger an einer Depression als Gesunde. Dabei ist bekannt, dass das Vorkommen einer Depression mit dem Fortschreiten der KHK oder dem Auftreten neuer Infarktereignisse assoziiert ist. Akute Depressionen sind mit verstärktem hormonellen Stress verbunden, der sich unter anderem in einem Anstieg der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-(HPA)-Achsen-Reaktivität ausdrückt. Chronische Depressionen zeigen jedoch unter Stress eine erniedrigte basale ACTH und Cortisolsekretion als auch eine verminderte Suppression von Cortisol im Dexamethason-Hemmtest. Ziel dieser experimentellen Studie war die Untersuchung der akuten Stressreaktivität von KHK-Patienten in Abhängigkeit vom Grad der Depression. Dazu wurden subjektive Fragebogenmaße als auch Serummarker für die HPA-Achsenaktivierung verwendet.

Methoden: Es wurden insgesamt 43 KHK-Patienten in die Studie eingeschlossen, die zum Teil im Rahmen der SPIRR-CAD-Multicenterstudie zur Psychotherapie bei depressiven KHK-Patienten (Studienleitung: C. Herrmann-Lingen, C. Albus) rekrutiert wurden. Zudem wurden elf gesunde Probanden untersucht. Alle Studienteilnehmer waren im Alter zwischen 40 und 75 Jahren (KHK-Patienten 8♀, 35♂, Probanden 5♀, 6♂). Die Untersuchung beinhaltete einen standardisierten mentalen Stresstest (Trierer Sozial-Stress-Test (TSST)), bestehend aus einer freien Rede und einem Rechentest vor einem Gremium. Der HADS (hospital anxiety and depression scale) diente als Screening-Instrument für die Depression, die durch das Strukturierte Klinische Interview für DSM-IV (SKID) bestätigt wurde. Vor und nach dem TSST wurden Fragebögen zur situativen Angst (STAI-S), zu aktuellen Beschwerden (BL) sowie zu spezifischen Belastungen (KFB) durchgeführt. Die Blutproben wurden kurz vor dem TSST und sofort sowie fünf, 15, 30 und 60 Minuten nach dem TSST abgenommen und die Aktivierung der HPA-Achse (Cortisol, ACTH) quantitativ bestimmt.

Ergebnisse: Die Depressionswerte nach HADS (cutoff >7) lagen bei 10,9 ± 2,3 (n=22) für die Patienten mit klinisch bedeutsamer Depression im Vergleich zu den nicht depressiven Patienten (n=21, 4,1 ±2,3). Die gesunden Probanden hatten vergleichbare HADS-Werte (3,5±2,2). Die situative Angst war in beiden Gruppen sowohl vor als auch nach dem TSST im Vergleich zu den gesunden Probanden erhöht. Nach dem Test war die situative Angst bei den depressiven Patienten signifikant stärker als bei den KHK-Patienten ohne Depression (p<0,05).

Die depressiven Patienten waren ebenfalls signifikant mehr belastet und hatten mehr körperliche Beschwerden als die Patienten ohne Depression (p<0,01). Während das Plasma-ACTH keine signifikanten Unterschiede zwischen den drei Gruppen zeigte, war das Serum-Cortisol bei den Patienten mit Depression sowohl in Ruhe als auch kurz nach mentalem Stress signifikant reduziert (p<0,05) im Vergleich zu den gesunden Probanden.

Das Serum-Cortisol korrelierte negativ mit der HADS-Depression (r=-0,33) und der Angst (r=-0,38) sowohl in Ruhe als auch zum Zeitpunkt des maximalen Stresses.

Diskussion: Die Ergebnisse zeigen, dass es bei den KHK-Patienten trotz deutlich erlebter Stressbelastung zu einer verminderten Cortisol-Ausschüttung kommt. Dieser Hypocortisolismus wird durch das Vorliegen einer Depression noch signifikant verstärkt. Zudem scheint der Grad des Hypocortisolismus vom Schweregrad der Depression abzuhängen. Dieser Hypocortisolismus könnte ein direkter Hinweis auf eine möglicherweise gesteigerte Inflammation und Immunantwort bei diesen Patienten sein, welches die Progredienz einer KHK dadurch begünstigen könnte.