Clin Res Cardiol (2022). https://doi.org/10.1007/s00392-022-02002-5

Sportliche Aktivitäten nach einer Herztransplantation: Charakteristik, Motive und Barrieren sowie mögliche Einflüsse der COVID-19-Pandemie
F. Spahiu1, J. Zacher1, B. Bjarnason-Wehrens1, H.-G. Predel1, N. Reiss2, T. Schmidt2
1Institut für Kreislauforschung und Sportmedizin, Deutsche Sporthochschule Köln, Köln; 2Institut für Herz- Kreislauf-Forschung, Schüchtermann-Schiller'sche Kliniken Bad Rothenfelde GmbH & Co. KG, Bad Rothenfelde;

Hintergrund: Nach einer Herztransplantation (HTX) treten typische leistungslimitierende muskulosklelettale und kardiovaskuläre Veränderungen auf. Für HTX-Patienten wird daher ein regelmäßiges körperliches Training empfohlen, um den transplant-bedingten Veränderungen entgegenzuwirken und die körperliche Leistungsfähigkeit und Lebensqualität zu steigern. Derzeit ist wenig über das sportliche Freizeitverhalten sowie die individuellen Motive und Barrieren zum Sporttreiben nach einer HTX bekannt. Ein möglicher Einfluss der COVID-19-Pandemie ist unerforscht.

Methode: Online-Fragebogenerhebung (Deutsch, Englisch) im Sommer 2021: Es wurden 158 HTX-Patienten (53±14 Jahre, 65% männlich, 8±7 Jahre nach HTX) eingeschlossen. 36% der Probanden kamen aus Deutschland, 32% aus weiteren europäischen Ländern und 32% aus nicht-europäischen Ländern. Die Rekrutierung erfolgte über HTX–Ambulanzen, Transplantationssportvereine, Selbsthilfegruppen und soziale Medien. Der Fragebogen umfasste zwischen 77 und 168 Fragen, aufgeteilt in 6 Kategorien. Es wurden 3 Zeitpunkte abgefragt: vor Erkrankungsbeginn (T1), nach HTX vor COVID-19-Pandemie (T2), nach HTX während COVID-19-Pandemie (T3). Die Untersuchung wurde im Vorfeld durch die lokale Ethikkommission genehmigt.

Ergebnisse: Zu Zeitpunkt T2 gaben 88% der Probanden an, wieder regelmäßig Sport durchzuführen. 75% begannen die sportlichen Aktivitäten im ersten Jahr nach HTX. Patienten, die eine kardiologische Rehabilitation absolvierten (70%), begannen signifikant früher mit dem Freizeitsport (p<0.05) und fühlten sich besser über den Stellenwert der Bewegungstherapie nach HTX (p<0.01) und die diesbezüglichen Besonderheiten (p<0.01) informiert. Die Zufriedenheit bezüglich spezialisierter Sportangebote nach HTX war moderat ausgeprägt und 61% der Befragten wünschen sich zukünftig Verbesserungen (z.B. mehr Informationen zur Belastungssteuerung, mehr Sportangebote). 61% der HTX-Patienten absolvieren ihr Training derzeit ohne fachliche Beaufsichtigung (Arzt oder Therapeut). Das Belastungs-Monitoring wird häufig (52%) durch die Herzfrequenz durchgeführt - nicht selten (32%) fehlt jedoch jegliche Kontrolle. 78% der Befragten gaben an, derzeit keine Kostenerstattung für sportliche Maßnahmen zu erhalten. Während der COVID-19-Pandemie (T3) wiesen die Patienten eine verminderte Zufriedenheit bzgl. ihrer ausgeübten körperlichen Aktivität (p<0.01) und ihrem Fitnesszustand (p<0.05) auf und betonten den positiven Effekt von regelmäßiger Bewegung auf ihren mentalen Gesundheitszustand. Abbildung 1 zeigt die häufigsten Motive/Barrieren für die Ausübung regelmäßiger körperlicher Aktivität zu den verschiedenen Zeitpunkten.

Schlussfolgerung: Nach einer HTX versuchen die meisten Patienten ein regelmäßiges körperliches Training in ihr Freizeitverhalten zu integrieren. Derzeit besteht jedoch noch ein deutlicher Mangel an detaillierten Patienten-Informationen. Viele Patienten fühlen sich unsicher und zielgruppenorientierte Sportangebote sind rar. Die Teilnahme an einem kardiologischen Rehabilitationsprogramm kann zu einer frühzeitigen Aufnahme von körperlichem Training beitragen und wichtige Aufklärungsarbeit leisten. Das Angebot an langfristigen - von Fachpersonal betreuten - Sportangeboten sollte ausgebaut werden. Die COVID-19- Pandemie hat einen negativen Einfluss auf den subjektiv erlebten Fitnesszustand und schränkt die Sportmöglichkeiten derzeit zusätzlich ein.

Abbildung 1: Motive und Barrieren zum regelmäßigen Sporttreiben


https://dgk.org/kongress_programme/jt2022/aV1751.html